berchuma­hockerle

»bercumahockerle« steht sinnbildlich für eine Idee und eine Bewegung, die aus Erkenntnissen und Zusammenwirken unterschiedlicher Kunstprojekte, die im Zeitraum 2011 bis 2012, aus Projekten von »zwischenbericht« Kerstin Polzin & Anja Schoeller hervorging.

Inzwischenzeit hat sich der »Hocker« zu einem perfekten »Stadtmöbel« weiter entwickelt. Die Berchumahockerle sind in Kooperation mit dem Äthiopischen Kulturverein Nürnbergs entstanden und jederzeit für eigenen kulturelle Veranstaltungen, gegen eine Spende, auszuleihen.

»berchuma« = äthiop. Kaffee Hocker, traditionell ein Dreibein aus Holz, wird für die traditonelle Kaffeezeremonie verwendet »Hockerle« = fränk./bayrisch für Hocker als Sitzgelegenheit, das Verb »hocken« wurde im 16. Jh. zu mhd. huchen »kauern« gebildet und geht auf die idg. Wurzel *keu- »biegen, krümmen« zurück; beruft sich also auf die gekrümmte Haltung, wenn man in die Hocke geht.

Clean Water Bar

November 2011, Addis Abeba Peakock Park am Fluss Kechene

Das Kunstprojekt „Clean Water Bar“, das wir im Oktober/November 2011, im Rahmen der ZNE! Ausstellung, in Addis Abeba realisierten (siehe www.zwischenbericht.eu) , war für uns die erste Gelegenheit die Form der traditionellen »Äthiopische Kaffeezeremonie« kennen zu lernen.

Im Zentrum der fünf Millionen Hauptstadt Addis Ababa, schuf »zwischenbericht« zusammen mit den dort ansässigen Menschen in einer informellen Siedlung, einen Ort zur Begegnung und Kommunikation im Fluss. Dieser Ort wurde für eine kurze Zeit in einen Ort kreativer Auseinandersetzungen verwandelt, an dem die offenen Fragen zum Thema Wasser und dem Lebensraum der Menschen verhandelt wurden. Im Zentrum von Addis in der Nähe vom Peacock-Park wurde für vier Tage eine Art mobile Bühne von 4 x 4 m Ausmaß direkt in den Fluss gestellt. Somit entstand eine Plattform auf der jeden Tag verschiedene Veranstaltungen durchgeführt wurden. Um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, wurden auch Sitzgelegenheiten benötigt, damit im Kreis auf der Plattform eine konzentrierte Diskussionsrunde geschaffen werden konnte. Diese wurden von Sentayehu Teshale in seiner Werkstatt in Addis hergestellt. Aufgrund seiner Behinderung benutzt er dafür seine Beine. Während der Diskussionsrunden hat uns eine junge Frau aus der Siedlung einen Äthiopischen Kaffee, ganz in der Tradition wie es die Äthiopier pflegen, auf der Plattform zubereitet. Das Kaffee-Ritual war ein gelungener Abschluss dieser Aktion.

Sentayehu Teshale in seiner Werkstatt, Bau von Coffee-Chairs in Addis Ababa, Herstellung von zwanzig Coffee-Chairs

»Clean Water Bar«, Plattform mit Hockern im Fluss Kechene, Kinder schreiben Wunsch-Botschaften auf die Hocker

Gerösteter Kaffee, Äthiopische Kaffeezeremonie auf der Plattform, Sitzkreis mit Anwohnern

Signatur Nordostbahnhof

2012/2013 Glückswerkstatt, Nordostbahnof Nürnberg

»Zweite Glückswerkstatt« mit Äthiopischen Frauen und Bewohnern vom Nordostbahnhof in Nürnberg, 03.11.2012

Mit dem Kunstprojekt »Signatur NordOstBahnhof« (siehe www.nordostbahnhof.de, Zeitraum: 2012 bis 2013), ein Kunst am Bau Projekt, in dem Stadtteil Nordostbahnhof Nürnberg, entsteht für uns innerhalb eines Workshops ein Anknüpfungspunkt für eine »europäische Form« der Äthiopischen Kaffeezeremonie. Innerhalb des begleitenden Workshops, »Erste Glückswerkstatt«, welcher einen wichtiger Bestandteil unserer partizipativen Arbeit bildet, lernten wir Äthiopische Anwohner kennen.

Viele hat es vor ungefähr 20 bis 25 Jahren, aus Äthiopien über Russland nach Deutschland verschlagen. Heute ist eine Zuwanderung kaum mehr möglich, denn die Türen sind für Einwanderer aus Afrika verschlossen. Besonders gefreut hat uns die die Begegnung mit Terefe Fekata, dem Leiter des Äthiopischen Kulturvereines in Nürnberg. Sein besonderer Weg der Migration nach Deutschland wollen wir kurz aufzeigen. In Addis Ababa ist er auf dem größten Afrikanischen Markt „Merkato“ unter ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen und unter den politischen Umständen der sozialistischen Verbindung zu Rusland konnte er über ein Begabtenstipendium in Moskau Architektur studieren. Seit Jahren engagiert er sich für den Erhalt und die Pflege des Äthiopischen Kulturgutes in Nürnberg sowie die Vermittlung an die in Europa lebenden Familien, Kinder und Kindeskinder. Miterleben konnten wir 2012 das Äthiopische Neujahrfest, welches immer am 30. September im Südstadtforum in Nürnberg mit vielen leckeren, traditionellen Speisen und natürlich einer Kaffeezeremonie stattfindet. Wir nahmen als einzige Deutsche, bzw. Europäer an dem Fest teil, schade was schade um die Bemühungen war, denn der Wunsch des Vereines nach Integration, Austausch und Kommunikation zwischen deutschen und äthiopischen Menschen ist leider noch nicht realisierbar.
Über das Thema „Glück“ entstand unser erster Zugang zu dem Äthiopischen Kulturverein, den es mit seinen circa 700 Mitgliedern in Nürnberg seit Jahren gibt und der gerne mehr Öffentlichkeit in der Stadt erfahren möchte.

Hockerbau

2012

Mit Terefe Fekadu und dem Verein entwickelten wir die Idee, einen »Glückshocker« zu produzieren und zu vervielfältigen. Bist jetzt haben wir zweimal in unseren Glückswerkstätten das Angebot an die Bürger gemacht, an einer Glückshockerrunde mit Gesprächen und Kaffee teil zu nehmen. Angeregt von dieser schönen Form, initiierten wir im Oktober 2012 mit Terefe Fekadu, Mengistu Tessema, Habtamu Wolde Mariam und Desisa Erana, vier Äthiopiern einen Workshop zum Hockerbau. An dem Samstag entstanden 40 neue »Glückshocker«. Das Material haben wir, nach der Methode, wie es Tag täglich auf dem »Mercato«, den größte Afrikanische Markt in Addis Abeba, umgesetzt und verarbeitet wird, gewählt. Nichts wird weggeworfen, alles wird verwerdet und Reste und Übriggebliebenes wird zu neuen Produkten verarbeitet. Möglich machen es die hochwertigen Kunststoffelemente der Firma Rehau, die nach der Materialprüfung wieder zu Kunststoffgranulat (Güteklasse B) verarbeitet werden, gespendeter Schaumstoff für die Bepolsterung und Material von vielen weiteren Firmen. Uns hat das Glück nicht verlassen, bis jetzt ist die Finanzierung der Hocker über freundliche Spender und Sponsoren von Nürnberger Firmen zurück zuführen.

»Mercato« in Addis Abeba, Kunststoffabfälle der Firma Rehau in Nürnberg, Terefe Fekadu/Äthiopischen Verein Nürnberg und Leif Schoeller in der Modellwerkstatt Schoeller, Oktober 2012

Ergebnisse aus dem Workshop vom 13.10.2012, die ersten 40 »berchumahockerle« aus der Vogelperspektive

Der Wunsch einen großen Sitzkreise mit einer Kaffeezeremonie auf dem Hauptmarkt in Nürnberg umzusetzen, wurde Wirklichkeit. Den Hocker wird in Äthiopien als ein kommunikatives mobiles Element gesehen. Bei einer Kaffeezeremonie steht nicht nur das Trinken eines guten Kaffees im Vordergrund, sondern der soziale Austausch. Eine Kaffeezeremonie ist zeitintensiv. Da „Zeit“ längst zu einer Mangelware geworden ist, entschleunigt die äthiopische Kaffeezeremonie das Gefühl für Zeit, in der der Austausch und die Pflege von zwischenmenschlichen Beziehungen eine große Rolle spielt. Während der gesamten Zubereitungsdauer und des anschließenden Trinkens kommt man zwanglos ins Gespräch. Wir möchten für die Zukunft, weitere Veranstaltungsen durchführen, die den Austausch der Kulturen fördern.

Mai 2013 gab es einen weiteren Workshop mit Mitgleiderern des Äthiopischen Vereines. Insgesamt wurden 100 Stück hergestellt.

Wir bedanken uns für die Zusammenarbeit und die Materialspenden der folgende Firmen:

Wir bedanken uns beim Äthiopischen Verein Nürnberg und bei Terefe Fekadu, Mengistu Tessema, Habtamu Wolde Mariam und Desisa Erana

Kontakt :

Terefe Fekadu | Tel: 0049 157 835 355 85, fekadu@web.de
Anja Schoeller | Tel: 0049 (911) 979 027 3, anjaschoeller@gmx.net